In den letzten Jahren beobachten wir eine grundlegende Verunsicherung von Projektmanagern/Projektleitern (PM/PL)– hervorgerufen durch die zunehmende Agilisierung und weitere Digitalisierung von Arbeitsbereichen. Hintergrund ist einerseits die damit breit in der Öffentlichkeit diskutierte Notwendigkeit eines Denk- und Haltungs-wandels (oft umschrieben mit „agilem mindset“) und andererseits die sich verändernden Anforderungen an die Führung (Stichworte: „andere“ oder „dienende Führung“, „digital leadership“ oder auch „selbstorganisierte Zusammenarbeit“).

Dies ist aber leider viel zu oft nur in Ansätzen zu finden: häufig erleben wir viel Frust und Demotivation – erzeugt durch Rahmenbedingungen, die die Projekt-Performance behindern, aber natürlich auch durch selbstverschuldete Begrenzungen, durch mangelndes Interesse an persönlicher Weiterentwicklung oder wenig Beschäftigung mit den zur Agilisierung und/oder Digitalisierung passenden Veränderungskonzepten:

  1. immer wieder berichten uns PM/PL, dass sie unter enormem Druck stehen, dass sie darunter leiden, dass sie in ihrem „zugetakteten“ Arbeitsalltag kaum Zeit für Reflexion und Lernen – geschweige denn für gutes Führen – finden;
  2. Häufig ärgern sie sich auch über die nach wie vor betriebswirtschaftlich-orientierte kurzfristige „Denke“ ihrer Vorgesetzten, die nur das akzeptieren wollen, was sich unmittelbar „rechnet“ und die sich deshalb beim Übergang zu „agil“ auch nicht lange aufhalten mit Maßnahmen zur Kulturentwicklung und/ oder mit einer Rollenklärung zur Neu-orientierung aller Beteiligten im Rollen-Mix – die sich manchmal auch einfach mit dem Kleben von „agil“-Schildchen“ zufriedengeben, um von „oben“ in Ruhe gelassen zu werden
  3. Und es nervt sie, wenn sie ihre Arbeit nicht mit dem Qualitätsanspruch machen können, der für sie und für ihre Kunden zählt.
  4. Oder wenn sie nicht genügend Spielraum sehen, um neue Dinge auszuprobieren (wobei wir häufig festgestellt haben, dass der Raum größer ist als gedacht)
  5. PM/PL tun sich immer wieder schwer im Umgang mit sog. „schwierigen Projektmitarbeitern“ oder mit unterschiedlichen Mitarbeiter-Typen – ob
  6. Sie berichten von Problemen, mit gering motivierten Mitarbeitern gut umzugehen/ sie „bei der Stange zu halten“ – insbesondere in Teams, wo die Mitarbeiter mehrere Projekte bearbeiten
  7. Es geht häufig – s. auch punkt 1. – um den Umgang mit Stress, mit Über-forderungssituationen, auch über längere Zeiträume…
  8. PM/PL bewegen sich in einem vielfältig strukturierten ggf. auch hoch-regulierten Umfeld, in dem es vielerlei Beziehungen, verdeckte oder offene Machtkonstellationen und natürlich unterschiedliche Interessenslagen und Erwartungen gibt – sie wollen und müssen sich behaupten, aber wie? (hier kommt oft der entschuldigende Satz „ich bin ja keine Führungskraft“ oder „ich habe das nicht studiert“)
  9. Im Zuge der Agilisierung geht es einerseits um die neue Rollenklärung zwischen SM, PO, PM/PL und „selbstorganisiertem Team“: wohin sollte ich mich abgrenzen? Bewerbe ich mich lieber gleich als SM oder lieber als PO, bevor ich keine Rolle mehr spiele? Und andererseits um die neuen Ansprüche an das Team: wie kann ich dazu beitragen, dass das Team mehr selbstorganisiert arbeitet? was mache ich, wenn es nicht klappt? Wie halte ich dem Team den Rücken frei, wenn sich Abteilungsleiter dauernd einmischen (wollen)?
  10. Wie gestalte ich Workshops, um bessere oder schneller Problemlösungen zu finden – was kann ich tun, dass wirkliche Innovationen entstehen? Welche Rolle spielt dabei design-thinking?
  11. Alle reden von anderer oder überhaupt von Fehler-Kultur und Experimentieren – wie soll das aber gehen, wenn dauernd nur auf die Projektkosten gestarrt wird und wir immer billiger werden sollen?
  12. Welche Folgen haben die neuen PM-Konzepte („agil“ oder „hybrid“) uns in unserer Führungsfunktion? Ein SM oder PO muss ja auch führen – wie kann man das im Zusammenspiel zwischen denen und zu mir besser klären?
  13. Wie müsste die Umgestaltung Richtung „agil“ und „digital“ laufen – welches Change-Verständnis und -Konzept steckt da drin und wie können wir uns im Projekt bzw. mit unserem Projekt darauf einstellen und einen Beitrag fürs ganze Unternehmen leisten?

Allein dieser Fragenkatalog zeigt, wie wichtig es ist, den Kolleg*innen eine Plattform zu bieten, auf der sie sich treffen und austauschen können und einen passenden Input zu verschiedenen ihrer Fragen zu geben – allerdings nicht in Form von „Rezepten“, sondern in Form von Erprobungen anhand von Beispielen aus ihrem jeweiligen Projekt-Alltag, um so die für sie und ihre Situation passende Strategie zu finden.

Es würde hier zu weit führen, nun alle die obigen Fragen zu beantworten – wir verweisen dafür auf unser WS-Angebot am 3./4. April in Nürnberg (s. Bildungs-Programm der GPM, Anmeldungen über folgenden link: https://www.gpm-ipma.de/veranstaltungen/detail/coach-the-projectmanager-230401

Was wir hier aber tun können und wollen, ist, einen kurzen Überblick zu geben über die verschiedenen „Denk-Richtungen“, die uns bei der Bearbeitung dieser Fragen im Rahmen unseres WS geleitet haben:

1. Denk-Richtung: rethinking leadership im Agilisierungs- und Digitalisierungsprozess

In fast allen Studien und Modellen, die z.Zt. zitiert werden, wenn es um die neuen Anforderungen an Führung im Zusammenhang mit den Veränderungen in den Projekten und Unternehmen geht (vgl. z.B. die Studie von Google (2013) das Modell der transformationalen Führung (Bass,1985 oder Felfe/Bittner, 2014) oder das Prinzip der „dienen Führung“ (Greenleaf,1995, Spears,2002) und der „Achtsamkeit“ (Narbeshuber,2018) wird Wert auf Reflexionsfähigkeit, auf Zuhören, auf Unterstützung bei der Selbstorganisation, auf Befähigung und Verantwortungs-Übertragung gelegt. Leider haben viele dieser Konzepte ein eher „naives“ Verständnis von (Macht-) Strukturen und Handlungsmustern in Unternehmen und ein schon sehr emanzipiertes Bild vom Funktionieren von Menschen und Organisationen.

Wir bevorzugen daher Modelle, die stärker auf die jeweilige Spezifik der Situation im Projekt und der dort agierenden Individuen gerichtet ist: wie z.B. das Konzept des „situational leadership“ von Herchey/ Blanchard (1976) und das Konzept zu „collaborative“ oder „shared leadership“ (vgl. Krüger, 2012). Diese sollten ergänzt werden durch die Ansätze des Umgangs mit Komplexität (wie ihn z.B. Borgert, 2013 fordert oder auch Kahnemann, 2012), durch die Ansätze, die die Entfesselung von Selbstorganisation und „Empowerment“ mitdenken (vgl. z.B. Schermuly, 2020) und den „coachenden Führungsstil“ propagieren (vgl. Dehnert, und natürlich durch Ansätze, die den professionelleren Umgang mit digitalen Tools und die Nutzung neuer Arbeitsmöglichkeiten (wie z.B. „design-thinking“) wie auch die Veränderung der Zusammenarbeit z.B. über die Nutzung von Austausch-Plattformen beschreiben (vgl. dazu auch Schwarzmüller,Brosi,Welpe,2016 oder Petry, 2019).

Einige der oben formulierten Fragen, benötigen für Ihre Beantwortung nicht nur den Bezug auf die obigen Modelle, Prinzipien usw., sondern auch den auf psychologische Grundlagen wie z.B. Handlungs- und Motivationstheorie sowie auf ein flexibles und handlungsleitendes Kompetenz- und Rollenmodell.

2. Denkrichtung: durch anderes Lernen die Potenziale im Projekt heben

Auch Graf/Edelkraut zitieren in ihrem 2020 erschienenen „white paper“ 6 Meta-Kompetenzen, die die Arbeitenden der Zukunft – also auch Führungspersonen – beherrschen sollten: dazu gehören digitale Grundkompetenzen, Selbstreflexion, Resilienz, Selbstorganisation und Kommunikation.

Schon vor über 30 Jahren war von einem der berühmtesten Vordenker von Change-Prozessen, Senge (1990) darauf hingewiesen worden, welch enorme Bedeutung das wirkungsvolle Lernen in der Arbeit für die Zukunft und damit die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an sich ändernde Bedingungen hat.

Wenn wir also oben festgestellt haben, dass in den Projekten suboptimal gelernt und damit längst nicht das Entwicklungs-Potenzial gehoben wird, das gehoben werden könnte, dann sehen wir Gefahr in Verzug und die Notwendigkeit, das, was uns unsere Gesprächspartner erzählen ernst zu nehmen und uns schleunigst um bessere Bedingungen für gutes Lernen und damit für die Erreichung einer besseren Projekt-Performance zu kümmern.

  1. Ein ungestörter Reflexionsraum zum Austausch mit anderen Kolleg*innen, in dem die Erfahrungen, Probleme, Fragen, Ideen bei der Bewältigung der Anforderungen im modernen Projekt diskutiert/ abgeglichen werden können und über ungewöhnliche Fragen und andere Perspektiven sowie Denk-Muster Anregungen fürs Besser- oder Anders-machen zu bekommen;
  2. Informationen und Anregungen einerseits für das Reflektieren (aus Erfahrungen lernen ist nicht so einfach!); andererseits für den Umgang mit Problemen/ Fragen in den Bereichen Führen, Change, Digitalisierung u.a. im Projekt (dabei helfen Erkenntnisse, Gesetzmäßigkeiten, Modelle)
  3. Einen Raum für die Erprobung neuer Verhaltens- und Organisationsweisen im Projekt, um so einerseits Passung oder Nicht-Passung von Möglichkeiten feststellen, aber auch „Stolperfallen“, Widersprüchlichkeiten usw. erleben zu können und um andererseits die Anwendung nützlicher Tools zu erproben, um so die Verhaltensvarianten zu vergrößern (z.B. in Richtung „coachender Führungsstil“ und „situationsadäquates Handeln“) und Anregungen für die bessere Gestaltung des Projekt-Alltags gewinnen zu können.

Dazu laden wir herzlich ein und freuen uns auch auf Ihre Fragen.